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„Torsten? Ich bin’s, Nora.”
„Schwesterherz. Dich gibt es noch. Dir geht es hoffentlich gut?”
„Nicht wirklich. Darum rufe ich an. Ich habe mich von Michail getrennt.”
„Oh, verdammt. Was ist passiert?”
„Lange Geschichte, beziehungsweise Geschichten. In drei Worten: ging nicht mehr.”
„Das tut mir leid. Was ist mit dem Kind?”
„Das … Kind? Du meinst Nele?”
„Ja, habt ihr noch mehr?”
„Sie ist fast achtzehn. Aber bei mir, falls du das fragst.”
„Verdammt. Wir haben uns wirklich länger nicht gesehen, hm? Ihr hättet mich ja ruhig hier in Berlin mal besuchen können.”
„Oder du uns. Tja, wenn du dir das so wünscht … wir haben da einen kleinen Anschlag auf dich vor. Lebst du immer noch allein?”
„Mit Herrn Schniefke.”
„Herrn Schniefke?”
„Mein Zwergkaninchen.”
„Wie originell. Könntest du uns eine Weile aufnehmen?”
„Du meinst … in meiner Wohnung?”
„Wenn du nicht zusätzlich noch ein Hotel betreibst? Ja, Torsten, in deiner Wohnung.”
„Ja, sicher. Aber hast du denn niemand in eurem Kaff … ich meine, es sind doch über dreihundert Kilometer …”
„Nein, habe ich nicht. Komm, ich weiß, wir haben uns aus den Augen verloren und alles, aber wir sind immerhin Geschwister, und …”
„Das wollte ich damit nicht sagen. Natürlich könnt ihr hier ein paar Tage unterkommen und alles. Überhaupt kein Problem. Soll ich euch abholen kommen, oder kommt ihr mit der Bahn, oder …”
„Wir sind schon hier. Also ist es wirklich okay?”
„Natürlich, wo genau …”
„Genau vor deiner Wohnungstür. Soll ich klingeln?”
Nora. Ein Überfall, wie er für sie eigentlich typisch war. Hatte sich offenbar überhaupt nicht verändert. Na, sagenhaft. Doch hatte sie. Oje, sie sah wirklich fertig aus. Fiel mir in die Arme und drückte mich wie verrückt.
Ihre Tochter betrachtete mich mit schräg gelegtem Kopf.
„Hey, Nele. Mann, bist du gewachsen.”
„Findest du, ich bin fett?”
„Was? Quatsch. Ich meine größenmäßig, so mit weiblichen Rundungen und alles.”
„Gefallen dir meine Titten?”
„Öhm … was?”
„Nele, hör auf damit. Danke, Torsten, du bist echt ein Lebensretter. Kannst du uns mit den Koffern helfen?”
„Hast du … deinen kompletten Hausstand dabei?”
„Nur die vier Koffer, das Notwendigste. Oh, die Wohnung ist klein.”
„Nun, ich … allein, das heißt wir zwei …”
„Iiih, da ist eine Riesenratte!”, ließ Nele zusammen mit ihren Koffern ab.
„Das ist Herr Schniefke, und keine Ratte, sondern ein Zwergkaninchen. Schniefke, komm her, wir haben Besuch, zurück in den Käfig.”
Ja, wo Karnickel doch aufs Wort gehorchen. Der hat doch schon wieder einen Weg durch die Absperrung gefunden, wo denn diesmal? Nicht hinters Sofa, du Rammelhannes. Wehe, du pisst da hin, oder knabberst am Kabel. Ha! Da habe ich dich!
„Ist das eklig, hier sind ja überall Hasen-Köttel … Mama, können wir nicht ins Hotel?”
„Die sind total trocken, die fege ich zusammen, und gut ist. Hätte ich gewusst, dass ihr kommt, wäre er schon längst im Käfig. Setzt euch doch erstmal. Einen Kaffee?”
„Gerne. Er ist ja süß, warum macht er jetzt so einen Lärm?”
„Er klopft. Mit den Hinterpfoten. Zeigt, dass er hier der Herr im Haus ist. Der beruhigt sich gleich wieder. Wahrscheinlich ist er sauer, dass seine Auslaufzeit verkürzt wurde.”
„Aber schmusig. Oh, er leckt mir die Hand”, freute sich meine Nichte, die ihn kurzerhand aus dem Käfig und in den Arm genommen hatte.
„Das ging ja schnell.”
Ja, eigentlich konnte er Fremde nicht ausstehen. Egal, Kaffee. Nora. Meine sechs Jahre ältere Schwester, also war sie jetzt zweiundvierzig. Immer noch so anstrengend, wie ich sie in Erinnerung hatte. Und Nele … offenbar auch eine Handvoll. Klasse.
Normaler Teenager halt. Aber die beiden, auf vierzig Quadratmetern, mit Schniefke und mir? Holla, das würde ein Spaß werden.
„Milch? Hoffentlich keinen Zucker?”
„Nein, immer noch schwarz. Nele nimmt Milch und Zucker.”
„Letzteren habe ich nicht. Süßstoff vielleicht? Honig?”
„Honig? In den Kaffee? Du bist ja abartig, Alter.”
„Wartet, ich klopf’ drüben bei Luise, die kann mir bestimmt Zucker borgen.”
Ja, bloß raus hier. Shit. Das konnte ja was geben. Luisa, meine achtzigjährige Nachbarin, schaffte es in unter einer Minute zur Tür. Wahnsinn. Sie war total lieb, ich machte eigentlich alle Einkäufe für sie und half ihr mit dem Putzen.
Sie war in den letzten Jahren echt klapprig geworden. Seit Covid traute sie sich kaum noch vor die Tür. Und gab mir natürlich den Zucker. Ich erzählte ihr kurz von dem unerwarteten Besuch. Sie freute sich für mich. Na, immerhin freut sich jemand.
Begeistert sahen weder meine Schwester noch Ablegerin aus. Ich fegte schnell noch Schniefkes Hinterlassenschaften zusammen und ließ mich in den Sessel fallen.
„So, da seid ihr also.”
„Da sind wir. Tut mir echt leid, dass wir so reinplatzen. Es war eine spontane Entscheidung. Die Wohnsituation wurde unerträglich. Wir haben es nicht mehr ausgehalten.”
„Oh … natürlich. Was … ist Fulya travestileri passiert?”
„Papa hat die Postbotin gefickt. Unter anderem. Die aber vor unseren Augen, als wir früher als erwartet vom Einkaufen zurückkamen.”
„Oh … das ist natürlich … unangenehm.”
„Ja, wenn sie wenigstens nicht so eine Gesichtsmatratze …”
„Nele, halt doch mal deine große Klappe, verdammt. Ja, Michail war untreu. Ich so bekloppt, ihm immer wieder zu verzeihen, ihm immer wieder eine neue Chance zu geben. Aber das … hat das Fass dann zum Überlaufen gebracht.”
„Vor allem wollte er nicht mal aufhören, bevor er fertig wurde, ich meine …”
„Wir wissen alle, was du meinst. Sei jetzt bitte still. Ja, und dann haben wir die Koffer gepackt und sind raus. Ohne zu wissen, wohin.”
„Wir hätten bei Lucie in die WG …”
„Nein, hätten wir nicht. Aber ich wusste wirklich nicht, dass du hier so einem kleinen Lo … so einer schnuckligen kleinen Wohnung haust. Als ich dich das letzte Mal besucht habe …”
„Habe ich mit Edda zusammengewohnt, in einer vier Zimmer Wohnung. Ja, das war vor acht Jahren. Ein Jahr später haben wir uns getrennt. Das hatte ich dir auf Mamas Beerdigung aber auch erzählt.”
„Und … jetzt bist du allein? Ich meine, lebst du vielleicht hauptsächlich bei deiner Freundin?”, gab sie ihrer vagen Hoffnung Ausdruck.
„Nein, ich bin zufriedener Single. Ja, es wird eng werden, aber wenn es nur für ein paar Tage ist … was es deinem Gesichtsausdruck zufolge wohl nicht ist …”
„Ich will nicht mehr zurück. Wir wollen hier ein neues Leben anfangen.”
„Ich war zufrieden, das ist nur auf ihrem Mist gewachsen”, warf Nelle ein.
„Und … dein Job … Neles Schule?”
„Arbeitslos, halbes Jahr schon. Nele geht nicht mehr zur Schule, sie hat ein freiwilliges soziales Jahr in einer Behinderteneinrichtung gemacht, das war gerade rum.”
„Oh, willst du in der Richtung eine Ausbildung machen?”
„Weiß nicht. Ich hab das gemacht, weil ich mich nicht entscheiden konnte. Hier hätte ich ganz andere Möglichkeiten. Nur darum hat mich Mama breitschlagen können. Meine ganzen Freundinnen waren da, und alles.”
„Verstehe. Ja, gut … kriegen wir hin. Wird eben recht … intim. Ihr könnt im Schlafzimmer pennen. Ich muss sehen, was ich mache, ich habe, glaube ich, noch eine Luftmatratze irgendwo, vom Zelten.”
„Och … so viele Umstände wollten wir dir nun doch nicht machen.”
„Du bist meine Schwester, verdammt. Du bist in einer Notlage, das ist doch selbstverständlich, dass ich dich aufnehme. Öhm … kommt, ich zeige euch den Rest der Wohnung. Dann können wir gleich die Koffer ins Schlafzimmer räumen.”
„Hey, geiles Bett!”
„Hm … ja, alles, was ich bei unserer Trennung mitgenommen habe. Groß genug für euch zwei auf jeden Fall.”
„Ja, das wird gehen. Danke dir, Torsten, echt, du bist ein Schatz.”
„Na, Trennungen sind immer übel. Darum will ich selbst gar nicht mehr in die Verlegenheit kommen. Freundinnen … aber einen Freund lässt du nicht zurück?”
„Nee. Du siehst doch süß aus, vielleicht findet Mama ja alleine was, und …”
„Nele! Hör endlich mal auf. Das ist dein Onkel, verdammt. Sie ist … in einer schwierigen Phase, entschuldige bitte.”
„Aha. Hallo Hormone, versteh schon. Alles gut. Wollt ihr … euch erstmal ausruhen? War doch sicher eine lange Fahrt.”
„Sind wir siebzig? Von mir aus kannst du uns noch ein bisschen die Stadt zeigen.”
„Von mir aus aber nicht. Ich muss erstmal zur Ruhe kommen, ausruhen nun nicht direkt. Aber … die Toilette ist wo?”
„Direkt gegenüber. Warte, kannst gleich Handtücher und so für euch mitnehmen.”
Das tat sie und ließ mich mit Nele allein. Sie sah ihr total ähnlich. So hatte Nora in dem Alter auch ausgesehen. Und war in etwa auch so drauf, soweit ich mich erinnern konnte. Na, so hatte sie mich nicht angestarrt.
„Öhm … wir können dann auch wieder ins Wohnzimmer.”
„Es ist auf dem Bett aber voll gemütlich. Warum kommst du nicht zu mir?”
Die Räkel-Einlage. Aha.
„Sagen wir doch einfach, ich geh’ nicht mit Minderjährigen ins Bett. Eine Frage des Prinzips.”
„Nächsten Montag bin ich achtzehn.”
„Glückwunsch. Und dann immer noch meine Nichte, mal abgesehen davon …”
„Gefalle ich dir nicht? Du hast mir die Frage vorhin nicht beantwortet.”
„Die bezog sich … wenn ich mich recht entsinne …”
„Auf meine Titten, die sind geil, nicht? Aber der Rest doch wohl auch, oder?”
„Das mag ja sein, aber …”
„Soll ich dir meine Titten zeigen?”
„Das ist nun wirklich nicht nötig … oh, öhm …”
„Pack deine Möpse ein, verdammt. Merkst du es noch? Was soll denn Torsten von dir denken?”
„Er kriegt schon die richtigen Gedanken.”
Er kriegt langsam das Gefühl, einen schwerwiegenden Fehler begangen zu haben. Nein, die war nicht wie Nora in dem Alter. Noch um einiges durchgeknallter. Die zog mich nun ins Wohnzimmer.
„Tut mir leid, sie ist … ein wenig schräg drauf in letzter Zeit.”
Na, da sind wir uns einig.
„Wegen Fulya travesti der Trennung?”
„Vielleicht auch ein bisschen. Da … geht es um anderes. Egal. Sie ist … heute besonders … durcheinander.”
„Ja, gut, kein Thema. Und wie geht es dir? Sorry, aber du siehst echt fertig aus.”
„Ja, es war alles ein wenig zu viel. Ich kann jetzt auch nicht großartig drüber reden. Was macht sie? Nele?”
„Komme gleich.”
Oh. Sie wird doch hoffentlich nicht … unter dem Bett rumschnüffeln? Mist, die Kiste müsste ich noch einmal diskret entfernen. Ich konnte ja nicht ahnen … Gott sei Dank, da ist sie.
„Alter, Butt-Plugs und Dildos? Du bist ja hart drauf.”
Arrgh.
„Das … ist nicht … wonach es aussieht.”
Na, ursprünglich nicht. Die hatten wir für Edda angeschafft. Und das erkläre ich jetzt wie? Na, so hat mich meine Schwester auch noch nicht angesehen.
„Ist nach der Trennung bei mir gelandet”, versuchte ich zu erklären. Warum? Was zum Teufel …
„Ist doch okay. Du hast gerne was im Arsch. Nur Plastik, oder auch mal einen ordentlichen Schwanz?”
„Ich bin nicht schwul, es waren Eddas und … ich hatte nicht das Herz, sie wegzuschmeißen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.”
„Es gehört sich nicht herumzuschnüffeln, verdammt. Du bist echt unmöglich. Komm endlich runter, und lass Torsten in Ruhe, hörst du? Entschuldige, sie ist … eine freche Göre halt.”
„Ich bin eine erwachsene Frau. Und du viel zu verklemmt. Kein Wunder, dass Papa …”
„Hey! Jetzt reicht’s aber, wirklich. Das ist deine Mutter, die völlig fertig ist. Solche Sprüche verkneifst du dir besser, verstanden?”
Oh. Ich bin mal laut geworden. Geht also doch. Nora ist dankbar und kuschelt sich bei mir an. Neles Blick kann ich nicht einordnen.
„Ja, sorry. Tut mir leid, Mama, das ist mir rausgerutscht.”
Schon besser. Das schien auch Nora zu finden, denn die nickte nur langsam.
„Tut mir leid, Torsten, wir sind beide ein bisschen mit den Nerven runter. Nur zeigt sich das bei beiden anders. Wie geht es dir eigentlich, was machst du?”
„Na, immer noch dasselbe …”
Was sie wohl vergessen hatte. So aufregend war das auch nicht. Ich erzählte, ließ sie erzählen, ertrug Neles Zwischenfragen, die allesamt verdammt persönlich waren, wenn auch nicht mehr ganz so frech. Alles beruhigte sich so langsam. Okay, das war halbwegs erträglich.
Oh, schon sechs?
„Habt ihr Hunger? Ich habe jetzt gar nicht viel im Haus … wir könnten was bestellen, oder …”
„Döner. Da unten an der Ecke war doch ein Dönerladen. Taugt der was?”, krähte die Kurze dazwischen.
„Ist sogar der Beste in der Gegend. Und davon haben wir weiß Gott reichlich. Ich hab’s mir noch nicht über gegessen, und das will was heißen. Ja, warum nicht. Nora?”
„Von mir aus. Aber wir zahlen. Und du holst es, Nele. Wo ist mein kleiner Rucksack …?”
„Ich hab Geld. Schlüssel?”
„Ach so, na klar, warte. Ich habe tatsächlich zwei Extra-Schlüssel. Hätte nie gedacht, dass ich die mal brauchen würde. Moment.”
Ja, und damit gebe ich wahrscheinlich mehr raus, als nur Zugang zur Wohnung. Oje, Nora sinkt richtig in sich zusammen.
„Hey, Schwesterlein. Komm, alles wird gut. Wenn er … so drauf war, hat er dich eh nicht verdient. Ich kannte ihn ja nun so gut wie nicht.”
„Er war nicht immer so. Vielleicht … hat Nele sogar recht. Vielleicht war ich es, die ihn dazu getrieben hat.”
„Rede doch nicht so ein dummes Zeug. Wir reden bald mal in Ruhe über alles. Hey, Nora, alles gut, nicht weinen.”
Fuck. Die ist echt fertig. Kein Wunder, nach so einer Geschichte. Und dann das liebe Töchterchen.
„So lange sie weg ist … was ist wirklich mit deiner Tochter los?”
„Ach so. Nun … sie wollte im letzten Jahr unbedingt mit ihren Freundinnen nach Ibiza. Wir wollten ihr das nicht erlauben, aber sie hat so lange genervt … bis sie hoch und heilig versprochen hat, dort keinen Unsinn zu machen. Na ja, Michail hat das auf die Spitze getrieben. Ausgerechnet er.”
Huh?
„Sie hat uns versprochen, versprechen müssen, dass sie keinen Sex hat, bevor sie achtzehn ist.”
„Ah. Und jetzt tickt die Zeitbombe.”
„Sie denkt an nichts Anderes. Aber ich weiß, was für einen bewundernswert starken Charakter du hast, kleiner Bruder. An deine legendäre Selbstbeherrschung erinnere ich mich noch gut. Du wirst sie brauchen.”
Na, wer mit dir aufwächst, muss die zwangsläufig entwickeln.
„Ich weiß mich schon meiner Haut zu wehren. Gut. Es irritiert mich ein wenig, dass sie sich über die Blutsverwandtschaft nicht die geringsten Gedanken zu machen scheint.”
„Hör bloß auf, einer der Gründe, warum ich da mit ihr rausmusste, war, dass sie Michail wahrscheinlich auch nicht Halt gemacht hätte. Er hätte mit Sicherheit nicht nein gesagt.”
Hoppla. Das war ja … nun, ein guter Grund mehr, sie hier aufzunehmen. Ich streichelte Nora sanft ihr Haar, sie hatte sie leicht gegen meine Brust gelehnt.
„Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie gut sich das anfühlt. Du strahlst so viel Ruhe und Frieden Travesti fulya aus, ich fühle mich richtig geborgen.”
„Ach, Schwesterherz, du bist meine absolute Lieblingsschwester, und nicht nur, weil du meine einzige bist. Ganz ehrlich, ich habe deinen Michail nie gemocht, und ein Grund, warum ich mich so selten gemeldet habe, war, dass ich auf ihn irgendwie keinen Bock hatte.”
„Du hättest doch mal einen Ton sagen können. Deinem Urteil habe ich immer vertraut, das weißt du.”
Hm, sentimentale Verbrämung unserer Kindheit und Jugend. Lassen wir in ihrem Zustand durchgehen. Da kam die neue und verschärfte Version ihres damaligen Selbst zurück. Mit guter Laune und dem Essen.
„Sag nicht, dass du gleich einen besonderen Gast für deinen achtzehnten Geburtstag gefunden hast”, mutmaßte Nora.
„Mal sehen, die Jungs in der Dönerbude waren auf jeden Fall nett.”
Und verheiratet. Das konnte ich ihr ja in den nächsten Tagen nochmal stecken. Schrecken würde sie das wahrscheinlich nicht. Wenn sogar das erwiesenermaße Arschloch von Vater in Betracht gezogen wurde. Und … ich, das soll der Blick wohl sagen.
„Warum hast du keine Frau? Du siehst doch niedlich aus, für so ‘n alten Fritzen.”
„Na verbindlichen Dank. Ich habe die Frau, von der ich mich schmerzhaft getrennt habe, über alles geliebt. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, das noch einmal zu tun.”
„Na, muss doch nicht. Jetzt sind wir ja auch hier. Wenn das so lang her ist, musst du doch ordentlich Druck auf der Kanne haben.”
„Nele!”
„Wir können dir Dampf ablassen helfen. Komm, was verziehst du so das Gesicht, Mama, Papa hat doch alle außer dir gepoppt, das hast du mir doch gesagt.”
„Spinnst du? Das ist mein Bruder, von dem du da sprichst. Merkst du nicht mal, wie peinlich und unangenehm das für unseren Gastgeber ist? Verdammt, wenn du als erwachsen akzeptiert werden willst, verhalte dich langsam auch so. Und halte deine obszöne Fantasie mal in Schach. Du bist unmöglich, so habe ich dich nicht erzogen.”
„Nun, gutes Kind …”
„Oh, wenn du darauf abfährst, ich habe von meiner englischen Austauschschülerin eine Schuluniform als Geschenk gekriegt, da passe ich gerade noch so rein, und …”
„Nele! Schluss!”
„Nun, mit Uniformen habe ich gar nichts am Hut. Falls das alle Beteiligten ausreichend beruhigt. Deine Mutter hat mir von der Vereinbarung erzählt, und den Hintergründen deines … nun, etwas singulären Interesses.”
„Hä?”
„Warum du nur an Sex denken kannst. Mach dir keine Gedanken. Außerhalb dieser vier Wände wirst du ein reichhaltiges Angebot gleichaltriger oder marginal älterer Freiwilliger für die Belohnung deines Durchhaltevermögens finden. Immerhin bist du in Berlin.”
„Warum in die Ferne schweifen …”
Boah. Die war echt eine Handvoll. Nora schien nicht mehr eingreifen zu können. Wahrscheinlich war das für sie ohnehin nur noch weißes Rauschen, wenn sie das als Dauerbeschallung bekam. Es schien ihr auch wieder etwas schlechter zu gehen.
„Nora, bist du okay?”, fragte ich sorgenvoll, als sie ihr Döner halb gegessen auf den Tisch legte, nachdem sie es schon eine Minute nur noch gehalten hatte.
„Ich kann nicht mehr. Nele, bitte, ich liebe dich, aber du gehst mir wirklich im Moment zu sehr auf die Nerven, die ich ohnehin nicht mehr habe. Du willst doch bestimmt deine Freundinnen kontaktieren. Sei so lieb, und tu das im Schlafzimmer, auf deinem Laptop.”
„Gibst du mir den WLAN-Schlüssel?”
„Ja, brauchst du doch auch fürs Handy, ich geb ihn dir durch.”
Das tat ich und sie verzog sich ohne weiteren Kommentar ins Schlafzimmer. Nora atmete tief durch.
„Torte, kann ich deine Dildos benutzen?”, trat sie dann doch noch mal durch die ganze Wohnung brüllend nach.
Torte. Bitte nicht. Sogar das hatte sie mit Nora gemeinsam. Oder hatte die ihr davon erzählt?
„Tu, was du nicht lassen kannst.”
Nein. Das war die falsche Aufforderung. Nora sah mich stirnrunzelnd an.
„Sorry, von Kindererziehung habe ich nicht den blassesten Schimmer.”
„Sie ist kein Kind mehr. Es tut mir leid, dass du hier gleich verbal vergewaltigt wirst. Ich habe einfach keinen anderen Ausweg gewusst.”
„Komm, ganz ruhig, jetzt kuschle dich wieder schön an, und entspann dich.”
Das tat sie. Ich nahm das Streicheln ihres Haars wieder auf, das sie jetzt kürzer trug, als noch auf der Beerdigung unserer Mutter. Wo wir uns zum letzten Mal gesehen hatten. Da war Nele … zwölf, und ich hatte sie noch als Kind erlebt.
Sie ergriff meine freie Hand und legte sie auf ihre. Ich verstand und streichelte auch die.
„Nicht, dass du jetzt denkst … na, das, was Nele meinte.”
Huh?
„Öhm … Quatsch. Ich versteh’ das schon, du brauchst jetzt Nähe und Zärtlichkeit, mehr als alles andere. Wir sind Geschwister, da sollte das ja wohl normal sein, oder?”
„Mmh. Von allem anderen hatte ich dich damals kuriert, oder?”
Nachhaltig. Ich muss wohl so dreizehn, vierzehn gewesen sein, als ich sie gerne mal angespannt hatte. Kein Wunder, sie sah top aus, lief meist in Röcken rum, die mein Vater sehr treffend als „Arschmanschetten” bezeichnete.
Und war ähnlich, wenn auch nicht ganz so, zeigefreudig mit ihren Brüsten gewesen. Nur waren diese Anblicke nicht für ihren kleinen Bruder gedacht gewesen. Wie mir schmerzhaft beigebracht wurde. Wirklich schmerzhaft.
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